Kopfbild

P52 - ein Bruchstück aus dem Johannesevangelium

Kleines Fragment - grosse Wirkung

Foto links: Nicht grösser als eine Hand!

Der P52 (=Papyrus Nummer 52) ist der wohl älteste Beleg zum Neuen Testament aus dem Johannesevangelium und wird auf 100 - 125 n. Chr. datiert. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine der allerersten Abschriften des Johannesevangeliums. Das Fragment ist auf beiden Seiten in Griechisch beschrieben. Es stammt also aus einem Codex (=Buch), das die Christen erfunden haben, um die gute Nachricht von Jesus besser weitergeben zu können.

(Detailgetreues 1:1 Faksimile der Bibelausstellung Sylt)

 

Foto rechts: Die Rekonstruktion auf Griechisch zeigt, dass der Text mit unserem heutigen griechischen Text identisch ist. Das erhaltene Fragment ist deutlich auf der rekonstruierten Seite zu sehen. Der P52 ist ein Beleg für die ausgezeichnete Überlieferung der neutestamentlichen Botschaft

 

 

Kleines Fragment - grosse Wirkung

Bereits 1920 hatte Grenfell ein nicht mal handtellergroßes Bruchstück einer Papyrushandschrift in Ägypten erworben und mit nach England gebracht. Das  unscheinbare Teil war ihm nicht besonders aufgefallen. Grenfell starb über seinen Arbeiten 1926. Erst sein Nachfolger C. H. Roberts untersuchte 1934 diesen 6 mal 9 cm großen Papyrus, der auf beiden Seiten beschrieben ist. Als Roberts den Text identifizierte, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Der Fetzen stammte aus dem Johannesevangelium.

 

Auf der Vorderseite stehen Bruchstücke von Kapitel 18, Vers 31–33 und auf der Rückseite von Vers 37–38 (das Verhör Jesu vor Pilatus). Die griechische Schrift wurde von Roberts auf 100–125 n. Chr. datiert. Das Fragment P52 gilt nach der Mehrheitsmeinung der Textforschung als der älteste Beleg für das Neue Testament.

 

Als man den Text dieses Papyrus untersuchte, stellte man fest, »dass er mit dem aus dem Mittelalter überlieferten Text genau übereinstimmt«. (Paret, Die Überlieferung der Bibel, S. 83) Lediglich ein Wort fehlt im P52. Bekannt sind die Worte Jesu beim Verhör vor Pilatus: »Ich bin dazu (aus diesem Grund) geboren und dazu (aus diesem Grund) in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe« (Vers 37). Rekonstruiert man den Text des Papyrusfetzen, dann heißt es dort: »Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe.« Lediglich das zweite »dazu« (aus diesem Grund) findet sich in diesem ältesten Beleg nicht.

 

Dieses Fragment hat eine enorme Bedeutung für die Frage nach der Abfassungszeit des Johannesevangeliums. Bibelkritiker im 19. Jahrhundert hatten die Entstehung des vierten Evangeliums erst in die Zeit um 160 n. Chr. gelegt. Eine solche Spätdatierung bedeutete, dass keiner der Berichte im Johannesevangelium auch nur ansatzweise den Anspruch auf Historizität hätte erheben können. Dazu einer der größten Handschriftenforscher, Professor Bruce M. Metzger:

            »Obwohl der Umfang der Verse so gering ist, besitzt dieser winzige Fetzen in einer Hinsicht ebenso viel Beweiskraft, wie sie ein ganzer Codex haben könnte. Genauso wie Robinson Crusoe aus dem Anblick eines einzigen Fußabdruckes schließen konnte, dass außer ihm noch ein zweites menschliches Wesen mit zwei Füßen auf der Insel war, beweist P52 das Vorhandensein und den Gebrauch des vierten Evangeliums in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts in einer Provinzstadt am Nil, weit weg von seinem überlieferten Entstehungsort (Ephesus in Kleinasien). Wäre dieses kleine Fragment in der Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt gewesen, dann hätte [man] … nicht behaupten können, das vierte Evangelium sei nicht vor etwa 160 entstanden«. (Metzger, Der Text des Neuen Testaments, S. 39)

 

Man sieht: So ein kleiner Fetzen kann ganze kritische Lehrgebäude zusammenfallen lassen. Aber das ist noch nicht alles: Nach altkirchlicher Überlieferung wurde das Johannesevangelium um 95 n. Chr. veröffentlicht. Das Papyrusfragment belegt eine Abschrift des Johannesevangeliums für den Zeitraum von 100–125 n. Chr. Wenn man den frühesten Zeitpunkt für die Handschrift annimmt, dann bedeutet dies, dass wir es hier mit einer der ersten Abschriften des Johannesevangeliums zu tun haben. Gerade mal fünf Jahre ist die Abschrift von dem Original entfernt. Das heißt, wir haben es hier wahrscheinlich sogar mit der ersten Abschrift zu tun – eine absolute Sensation!

 

 

Vgl. Michael Welte / Alexander Schick, Das wahre Sakrileg, Knaur 2006.

 

Siehe auch hier:

www.sakrileg-betrug.de/bibelfunde/

 

Das Original können Sie auf der Webseite der Rylands-Bibliothek / Manchester einsehen.