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P75 - Bodmer-Papyrus jetzt im Vatikan

die Schwesterhandschrift des Codex Vaticanus

P75 - Papyrus Nr. 75

Lukas- und Johannes-Evangelium

(Papyrus Bodmer XIV-XV / Hanna Papyrus 1)

Ägypten ca. 175-225 n.Chr.

einst Foundation Bodmeriana Cologny - seit 2006 Bibliothek des Vatikans

 

Ende November 2006 erreicht ein stark gesicherter Werttransport den Vatikan. In einem speziell angefertigten Auto wurde ein ganz besonderer Bibelschatz von der Schweiz nach Rom mit Polizeischutz eskortiert. Es handelt sich um den Papyrus Bodmer XIV-XV, in der Forschung als P75 bezeichnet.

 

   1956 hatte Martin Bodmer diesen besonderen Papyrus in Ägypten erworben. Die Handschrift besteht aus 51 Blättern (102 Seiten) eines Evangelienbuches, das einst auf 144 Seiten das komplette Lukas- und Johannes-Evangelium enthielt (vielleicht waren es sogar alle vier Evangelien so wie beim P45). Auch Reste des Einbands sind noch zu sehen. Die Handschrift enthält große Teile von Lukas Kapitel 3-8, die kompletten Kapitel 9-16, Teile der Kapitel 17-18 und vollständig die Kapitel 22-24 .

 

Am Ende des Lukas-Evangeliums steht:

 

"Evangelium

nach

Lukas"

 

es folgen drei Leerzeilen und es folgt die Überschift:

 

"Evangelium

nach Johannes"

 

Dann beginnt der bekannten Text des Johannes-Evangeliums: "Im Anfang war das Wort ..." (siehe Foto)

Die Kapitel 1-10 des Johannes-Evangeliums sind komplett erhalten. Es folgen dann noch die Teile von Kapitel 11-15.

 

   Der Text weist eine sehr starke Ähnlichkeit mit dem CODEX VATICANUS auf. Man kann den P75 als eine Art "Schwesterhandschrift" des Vaticanus bezeichnen. Das Manuskript widerlegte eine Theorie, dass es angeblich eine große Textrevision zu Beginn des 4. Jh. gegeben hätte. Alle Vorstellungen, dass unter Kaiser Konstantin (um 270-337) die Bibel einer Textrevision unterzogen oder die Bibel verfälscht worden sei waren damit endgültig widerlegt (damit auch alle Theorien von einem Dan Brown im "Da Vinci Code").

 

   Die neutestamentlichen Textforscher Prof. Barbara und Kurt Aland urteilten: "Diese Papyrus ... hat unsere Vorstellungen vom Werden des neutestamenlichen Textes noch einmal revolutioniert: es erwies sich nämlich, daß er dem Codex Vaticanus so nahestand, daß die Theorie von den Rezensionen, d.h. von durchgreifenden Bearbeitungen des neutestamentlichen Textes, die man im 4. Jahrhundert veranstalt habe, nicht aufrecht zu erhalten war."*

 

Der Text des P75 vom Ende des 2. Jahrhundert ist identisch mit dem Text des großen Pergamentcodex des Vaticanus aus dem frühen 4. Jahrhundert. Eine eindrückliche Bestätigung der stabilen Textüberlieferung!

 

Warum ist der P75 heute im Vatikan?

 

Nach dem Tod von Martin Bodmer wurde seine Sammlung an Weltliteratur in die Foundation Bodmeriana überführt. Doch Geldprobleme nötigten die Stiftung, den Papyrus zu verkaufen. Bereits 1969 hatte Martin Bodmer als überzeugter Katholik die Petrusbriefe (P72) Papst Paul VI. geschenkt. Die Bodmerstiftung verkaufte ihren Bibelschatz an die Hanna Sally and Frank Hanna Family Foundation und die Solidarity Association (U.S.A.), sowie dem Mater Verbi/Hanna Papyrus Trust unter der Bedigung, dass die Hanna-Family den Papyrus dem Vatikan schenkt.

  Die Schenkung erfolgte im Januar 2007. Die neue Bezeichnung für den Papyrus Bodmer XIV-XV (P75) lautet nun Hanna Papyrus 1 (Mater Verbi).

 

Fernsehsendung - Interview mit Frank Hanna III. und Übergabe des Papyrus an den Vatikan

Frank Hanna and the P75

Digitalfotos des P75

Der P75 im Vatican ->VIDEO<-

Die wichtigsten Passagen aus dem P75

Hintergrundgeschichte zur Schenkung

Hintergrundgeschichte zur Schenkung 2. Bericht

Notes on the History, Contents and Purpose of the Papyrus Bodmer XIV-XV (P75)

 

*Barbara und Kurt Arland, Der Texte des Neuen Testaments, Stuttgart 19892, S. 97.