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Vulgata

der älteste Beleg der lateinischen Bibelübersetzung in St. Gallen

Fragmentblätter der ältesten Fassung der Vulgata-Version
der Evangelien vom Beginn des 5. Jahrhunderts / Stiftsbibliothek St. Gallen

 

 

 

Vulgata-Fragmente der Evangelien

frühes 5. Jahrhundert aus Italien

Stiftsbibliothek St. Gallen (Schweiz)

Auszug aus dem Katalog "Im Anfang war das Wort - Die Bibel im Kloster St. Gallen", St. Gallen 2013, S. 16

 

"Als einen ihrer grössten Schätze besitzt die Stiftsbibliothek St. Gallen insgesamt 110 kleinere und grössere Blätter einer Abschrift der vier Evangelien (Mt, Mc, Lc, Io), die als die weltweit älteste Überlieferung der Vulgata-Fassung gilt. Die heute erhaltenen Blätter waren Teil eines Evangelienbuchs, das noch zu Lebzeiten des Hieronymus, im ersten oder zweiten Jahrzehnt des 5. Jahrhunderts, in Oberitalien, vielleicht in Verona, in einer regelmässigen spätantiken Halbunzialschrift mit bräunlich-olivfarbener Tinte geschrieben wurde.


Im 8. oder frühen 9. Jahrhundert gelangte das Buch aus Oberitalien nach St. Gallen. Dort benötigte man es offenbar bald nicht mehr, weil man spätere, für die Mönche besser lesbare Abschriften der Evangelien besass. Deshalb wurde das Buch auseinandergenommen; die Blätter wurden in Buchrücken und Buchdeckel anderer Handschriften eingebunden. Das abgebildete Blatt beispielsweise wurde aus dem Buchdeckel des Cod. Sang. 569, einer Handschrift vornehmlich hagiographischen Inhalts, geborgen.


Weitere Blätter aus dieser ehemaligen Handschrift sind heute in der Vadianischen Sammlung in der Kantonsbibliothek St. Gallen, in der Zentralbibliothek und im Staatsarchiv des Kantons Zürich sowie im Kloster St. Paul in Kärnten erhalten. Alle diese Blätter machen ungefähr die Hälfte des Umfangs der ehemaligen Evangeliars aus; sie tragen in der Geschichte der Evangelienüberlieferung das Sigel Σ.


Der Zustand dieser in St. Gallen um 1800 aus verschiedenen Einbänden herausgelösten Pergamentstücke ist von unterschiedlicher Qualität. Die Schrift ist teilweise verblasst, man begegnet Leimspuren. Das feine Pergament ist im Lauf der Jahrhunderte brüchig geworden."