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Die Wirkung von Luthers Bibelübersetzung in den Worten seiner Gegner

"Etliche trugen dasselbe (Luthers Neues Testament) mit sich im Busen herum und lernten es auswendig"

Foto: Digitalausgabe der Bayerischen Staatsbibliothek in München

 

 

Die Wirkung von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments aus der Sicht seines erbitterten Gegners Johannes Cochlaeus (1479 - 1552):

 

Ehe denn aber Emsers Arbeit an den Tag gegeben, war Luthers Neues Testament (erschienen im September 1522) durch die Buchdrucker dermaßen gemehrt und in so großer Anzahl ausgesprengt, also dass auch Schneider und Schuster, ja auch Weiber und andere einfältige Idioten, soviel deren dies neue lutherische Evangelium angenommen, wenn sie auch nur ein wenig Deutsch auf einem Pfefferkuchen lesen gelernt hatten, dieselbe gleich als einen Bronnen aller Wahrheit mit höchster Begierde lasen. Etliche trugen dasselbe mit sich im Busen herum und lernten es auswendig. Daher maßen sie sich in der Folgezeit innerhalb weniger Monate soviel Geschicklichkeit und Erfahrung selber zu, dass sie keine Scheu trugen, nicht allein mit den katholisch gemeinen Laien, sondern auch mit Priestern und Mönchen, ja auch mit Magistern und Doktoren der Heiligen Schrift vom Glauben und Evangelium zu disputieren. Ja es fanden sich auch armselige Weiber, die sich mit offenen ausgegangenen deutschen Büchern und fürgestellten Propositionen aus geiler Verachtung der angeblichen Unwissenheit der Männer nicht allein mit Laien und sonderen Privatpersonen, sondern auch mit Lizentiaten, Doktoren und ganzen Universitäten austaten, sich in Disputationen einzulassen, wie es sich an Argula von Staufen, einer von Adel, deutlich gezeigt ...”

 

(in: Johannes Cochlaeus, Historia Martini Lutheri ... Deutsch von Chr. Hueber, Ingolstadt 1582, S. 120 ff.)