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1527 (1526) - Evangelienharmonie des Jacob Beringer

Straßburg - das Unikum unter den frühen reformatorischen Bibelausgaben

Bild: Fragment (6 Blätter) der Evangelienharmonie Straßburg 1526

 

Das Neue Testament kurz und gründlich

in eine Ordnung und Text ausgeführt

Evangelienharmonie des Jacob Beringer

Straßburg: Johann Grüninger für Jacob Beringer,

24. Dez. 1527 [i.e. 1526]. 2°

 

Originaltitel:

Das nüw Testament kurtz vnd grüntlich in ein ordnung vnd text / die vier Euangelisten
/ mit schoenen figuren durch auß gefürt Sampt den anderen Apostolen. Vnd in
der keiserlichen stat speier volendet durch Jacobum Beringer Leuiten. Jn dem iar
deß heiligen reichtags. 1526.
Straßburg: Johann Grüninger (Druck) / Jakob Beringer (Verlag), 24. 12. 1526
227 [= richtig 217] Bl., 2°

 

Diese frühreformatorsiche Ausgabe ist so unbekannt und so selten, man darf diese zu Recht bezeichnen als: Codex Bibliorum Rarissimus

 

Der folgende Text nach Bilder des Glaubens zur Zeit Martin Luthers, herausgegeben von Uwe Müller Museum Otto Schäfer (2015), S. 30:

Die Evangelienharmonie des Speyrer Domvikars Jacob Beringer ist eine besondere "Bibelausgabe" Die Evangelien fasst er in 29 Abschnitten zusammen, denen jeweils eine Figur, d. h. eine Merktafel vorangeht. Auf ihr sind die wichtigsten Szenen des Abschnitts abgebildet. Sie werden mit durchlaufenden Buchstaben versehen, die auch den kurzen Versen über der Tafel und dem nachfolgenden Evangelientext beigegeben sind. Im Bild und im Text werden dazu die passenden Kapitel angegeben, M für Matthäus, R für Markus, L für Lukas und I für Johannes.

 Nach der eigentlichen Evangelienharmonie gibt Beringer den Text der Apostelgeschichte, der Episteln und der Apokalypse wieder und setzt Merktafeln in selber Art dazu. Da in Volkssprache gehalten, haben die insgesamt 64 Figuren und die biblischen Texte tatsächlich ein lesefähiges Laienpublikum angesprochen.

 Laut Kolophon wurde die Evangelienharmonie uff den Christ abent / an dem M. D. und XXVII. Jar gedruckt. Also: 24.12.1527. Allerdings wurde bis ins 16. Jahrhundert der Beginn eines neuen Jahres traditionell mit Weihnachten gleichgesetzt. Das bedeutet nach unserer Zeitauffassung wurde die Evangelienharmonie veröffentlicht am 24.12.1526.

 

Weitere Ausgaben erschienen 1529 (VD16 B 4396) und  1532 (VD16 B 4405).

Mehr zu dieser besonderen Bibelausgabe  --> HIER <--

Scrollen Sie dort zu dem Punkt: „Beringers Harmonie am Heiligabend. | 4. Teil einer besonderen Weihnachtsgeschichte“

 

Folgender Text aus Katalog Auktionshaus Koller:

Der vorliegende Text enthält die Erstausgabe von Jacob Beringers Version des Neuen Testaments in deutscher Sprache, die für Katholiken gedacht ist, obwohl sie auf Luthers Übersetzung von 1522 basiert. Beringer war Vikar im Speyerer Dom. Über sein Leben ist so gut wie nichts bekannt, aber die Tatsache, dass er ein Neues Testament (ein luterisch buch sol lassen aussgen) herausgegeben hat, das in der Nähe von Luthers Übersetzung stand, machte ihm in der Gemeinde Schwierigkeiten. Da das Buch jedoch nicht in Speyer, sondern in Strassburg gedruckt wurde, hörte das Domkapitel offenbar nur Gerüchte über das Projekt und so blieb Beringer unbestraft. Es stimmt zwar, dass Beringer Luthers Text in der Apostelgeschichte, in den Briefen und in der Apokalypse des Neuen Testaments genau befolgt, aber es gibt eine wichtige Abweichung: Er kombiniert die Evangelien zu einer einzigen Erzählung, für die er zusätzliche Quellen verwendet haben muss. Die Ausgabe wurde 1529 und 1532 erneut auf Kosten Beringers von Grüninger herausgegeben (Hörner, S. 1-16). - Der Künstler Heinrich Vogtherr der Ältere (1490-1556), dessen Werkstatt für die Illustrationen verantwortlich ist, war ein eigenwilliger Charakter mit verschiedenen Berufen und Qualifikationen. Er ist als Maler, Stecher, Holzfäller, Schriftsteller, Drucker und Augenarzt dokumentiert. Das Illustrationsschema in der vorliegenden Ausgabe zeigt eine ausgearbeitete Komplexität, die möglicherweise von Grüningers ganzseitigen Kompositionen für den Terentius inspiriert wurde (1496 und 1499 in lateinischer und deutscher Sprache). Die Bildstruktur der 64 Figuren spricht die literarischen Fähigkeiten des Betrachters an. Wichtige Szenen eines Kapitels sind in einer Gravur zusammengefasst und werden mit Kurzbezeichnungen und anderen Inschriften als Namen, Orte usw. bezeichnet. Dieses Neue Testament ist die einzige Ausgabe, in der diese ungewöhnlichen Holzschnitte aufgenommen wurden.

 

Aus Katalog "Gottes Wort in der Sprache des Volkes", Trier 2017, S. 76:

Gemäß Kolophon (das in dieser und den späteren Ausgaben von 1529 und 1532 immer gleich lautet) wurde das Buch in herr Jacob Beringers kosten / zů Straßburg / von Johannis Grienigern vff den Christ abent / an dem. M. D. vnd. xxvij. Jar [= 24. Dezember 1526!] gedruckt. 1526 war insofern für die Reformation ein bedeutsames Jahr, als der Reichstag den Fürsten und Städten eine gewisse Handlungsfreiheit im Umgang mit dem gegen Luther gerichteten Wormser Edikt von 1521 zugestand. In Speyer konnte Beringer sein Werk noch nicht drucken lassen und musste (auch später für die zweite und dritte Auflage) in das tolerantere Straßburg ausweichen, wo er den Druck bei Johannes Grüninger († um 1532) aus eigenen Mitteln finanzierte.

 

 

 

VD16 B 4378 - USTC 627926 - Pietsch, WA DB 2, NR. 114, S. 426-428 - Kristeller, Strassburger Bücherillustration, Nr. 200 - Bibelslg. Stuttgart Teil 2, vol. I, 1987, no. E 167, 168 - Hörner, E. P. (Hrsg.), Jacob Beringer: Evangelienharmonie, Berlin 2010, Vorwort

 

Die Ausgabe von 1527 ist nachweisbar in:

  • Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München (Sigel: 19)
  • Frankfurt/Main, Bibliothek der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen
  • Mainz, Stadtbibliothek
  • Melk, Stiftsbibliothek (3. Auflage 1532)
  • Neustadt, Bibelmuseum
  • Schweinfurt, Bibliothek Otto Schäfer (bei Koller 2019 versteigert)
  • Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek (traumhaft koloriert)
  • Trier, Stadtbibliothek
  • Wien, Österreichische Nationalbibliothek
  • Wittenberg, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek
  • Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek
  • Zwickau, Ratsschulbibliotheka
  • Schweiz Bibelmuseum.ch (Privatmuseum)

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