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Grab der Enkelin des Hohepriesters Kaiaphas gefunden

sensationeller Fund in Israel

 

(c) Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 29. Juni 2011

 

„Miriam, Tochter des Jeschua (Jesus), Sohn des Kaiaphas, Priester von Maaziah, aus dem Hause Imri”. Dieser Name steht auf einem Ossuarium (Knochenkasten) aus der Periode des Königs Herodes und des Jesus von Nazareth. Das Ossuarium wurde von Grabräubern vor drei Jahren mutmaßlich in einer Grabhöhle im Ela-Tal gefunden, nahe der Stelle, wo David und Goliath aufeinander gestoßen sind. Die Antikenbehörde hatte das Ossuarium von den Grabräubern beschlagnahmt und in der Bar Ilan Universität auf Echtheit und zwecks Analyse untersuchen lassen.

 

Der Grabkasten aus Sandstein ist mit zwei Rosetten geschmückt und über ihnen ist die Inschrift eingemeißelt worden. Wer diese Miriam, Tochter des Jesus, war, ist nicht bekannt. Ihr Großvater jedoch, der Hohepriester Kaiaphas, ist nicht nur aus dem Neuen Testament als jener Priester berühmt, der den Jesus von Nazareth an den römischen Prokurator Pontius Pilatus übergeben hat. Jener Hohepriester ist 1990 den Archäologen mitten in Jerusalem begegnet, als die im sogenannten Friedenspark bei Abu Tor ein unberührtes Familiengrab entdeckten und darin einen wunderbar geschmückten Knochenkasten aus Sandstein mit der Inschrift: „Josef, Sohn des Kaiaphas“.

 

Die Forscher Dr. Boaz Zissu und Professor Yuval Goren bestätigten die Echtheit des etwa 2000 Jahre alten Knochenkastens und der aramäischen Inschrift. Der Vater der Miriam, also jener Jesus Sohn des Kaiaphas, muss nach Ansicht der Forscher einer bekannten Priesterfamilie aus dem ersten Jahrhundert angehört haben. Der auf dem Ossuarium erwähnte Maaziah war die letzte von 24 Priester-Abteilungen für den Tempeldienst, wie sie von David bestimmt worden waren (Chronik II, 24,18). Der Jerusalemer Tempel wurde im Jahr 70 von den Römern zerstört. Der Name taucht auch unter den Unterzeichnern eines Aufrufes in der Zeit des Nehemias auf. Nach Angaben der Forscher ist der Grabkasten der Miriam die erste schriftliche Erwähnung dieses Namens im ersten Jahrhundert. Gleichzeitig erfuhren die Forscher so auch, dass der berühmte Hohepriester Kaiaphas offensichtlich mit dieser Maaziah-Familie verwandt war. Die anderen schon in der Chronik erwähnten Namen der Priesterabteilungen wie Abijah, Eliashib, Bilgah sind aus anderen Schriften aus der Periode des Herodes und des Zweiten Tempels bekannt. Einige der Namen wurden auch in Gräbern aus der Zeit gefunden.

 

Für den letzten Teil der Grabesinschrift der Miriam, „des Hauses Imri“, gebe es zwei Möglichkeiten der Interpretation. Imri ist eine Priesterfamilie, den „Söhnen des Immer“, wie in den biblischen Büchern Esra und Nehemias erwähnt.  Die Forscher meinen, dass es auch der Name der Ortschaft sein könnte, wo Miriam gewohnt hat, am ehesten bis heute durch das palästinensische Dort Beth Ummar bewahrt. In jenem Dorf und nahe bei, in Khirbet Kufin, hat man Überreste einer jüdischen Ansiedlung aus der Zeit des Zweiten Tempels und des aufständischen Bar Kochba gefunden. Die Forscher empfehlen Linguisten, zu prüfen, ob es eine sprachliche Nähe des Namens Kaiaphas, also einer prominenten Familie, die in Imri/Beth Ummar und in Khirbet Kufin gelebt haben könnte, und jenen Ortsnamen gibt. 

 

Weil das Ossuarium nicht bei einer regulären Ausgrabung, sondern bei palästinensischen Grabräubern gefunden worden war und wegen der hohen wissenschaftlichen Bedeutung dieses Fundes, wurde mit einem teuren Verfahren die Patina auf dem Steinkasten und über der Inschrift geprüft. Es stellte sich heraus, dass die Inschrift echt und alt ist. Sie wurde nicht im Nachhinein eingeritzt.

 

Die Antikenbehörde äußerte „Trauer“ darüber, dass der Grabkasten geplündert worden ist. So bleibe der archäologische Kontext unbekannt. „Wegen Geldgier der Räuber ist eine ganze Seite der Kulturgeschichte des Landes ausgelöscht worden.“

 

(C) Ulrich W. Sahm