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Septuaginta

Die Übersetzung der "70" jüdischen Gelehrten aus Ägypten

Codex Vaticanus 4. Jh. n.Chr. (links) - Septuaginta-Ausagbe gedruckt 1709 (rechts)

 

Die Übersetzung des Alten Testaments ins Griechische gab es bereits seit dem 3. Jh. v.Chr. Man nennt sie die SEPTUAGINTA, da die Übersetzung von 72 jüdischen Gelehrten angefertigt worden sein soll. Man bezeichnet daher die Übersetzung oft als die Bibel der „Siebzig“. Das Zahlwort wird dann als LXX wiedergegeben.

 

 

Bekannt sind als Septuaginta-Handschriften

1) Codex Sinaiticus

2) Codex Vaticanus

3) Codex Alexandrinus

 

Eine berühmte illustrierte Septuagintahandschrift ist die Wiener Genesis.

 

 

Geschichte der Septuaginta

 

In den meisten Epochen lebten mehr jüdische Menschen außerhalb Israels als im Heiligen Land selber. Die Großstädte der Welt waren bereits in der Antike viel attraktiver als die „Provinzstadt“ Jerusalem. Was heute New York oder Frankfurt ist, war um 250 v.Chr. Alexandria, die superschicke neue Stadt, die Alexander der Große (356–323 v.Chr.) hatte bauen lassen. Sprechen heute die meisten jüdischen Menschen Englisch, so war es damals Griechisch, das durch Alexander den Großen und seine gigantischen Eroberungen zur neuen Weltsprache wurde. Das Hebräisch im Synagogengottesdienst wurde vielen so unverständlich wie später den Menschen in der Kirche des Mittelalters das Latein. In Ale­xandria hatten sich besonders viele Menschen jüdischen Glaubens niedergelassen. So berichtet der Babylonische Talmud, dass die Synagoge von Alexandria so groß war, dass der Vorbeter eine ­Fahne schwenken musste, wenn er Amen sagte, damit man auch in der letzten Reihe wusste, dass jetzt das Gebet zu Ende sei!

 

Eine alte Überlieferung führt uns daher auch nach Alexandria als dem Ursprungsort der griechischen Übersetzung, die zu der wichtigsten fremdsprachigen Bibel überhaupt wurde. Die Initiative für diese Übersetzung soll von König Ptolemäus II. (285–247 v.Chr.) ausgegangen sein. Er hatte die berühmte königliche Bibliothek von Alexandria gegründet, die in ihrer Blütezeit 900000(!) Buchrollen im Bestand hatte (bei der Belagerung Alexandrias durch Cäsar 48 v.Chr. ist die Bibliothek mit ihren unersätzlichen Bücherschätzen abgebrannt). König Ptolemäus II. wurde berichtet, dass auch das jüdische Gesetz (Tora = fünf Bücher Mose) es wert sei, in die Büchersammlung aufgenommen zu werden. Aber dafür müsste man es erst ins Griechische übersetzen. So wurde eine Gesandtschaft nach Jerusalem geschickt mit der Bitte, geeignete Gelehrte für dieses Übersetzungsprojekt zu schicken.

 

Der Hohepriester soll daraufhin 72 Männer, je sechs aus den zwölf Stämmen Israels, mit kostbaren Torarollen nach Alexan­dria  gesandt haben. Der Gottesname Jahwe (JHWH) soll darauf sogar in goldener Schrift geschrieben worden sein. Auf der Insel Pharos sollen dann die 72 Gelehrten in aller Abgeschiedenheit die Übersetzung in 72 Tagen geschafft haben. Der jüdischen Gemeinde von Alexandria wurde anschließend die Übersetzung vorgelesen, die sie als sehr gut und schön anerkannte. Die Übersetzung sollte als unantastbar gelten. Verflucht sollte der sein, der etwas hinzufügen, ändern oder weglassen würde. Nach Genehmigung durch die jüdische Gemeinde sei die Übersetzung König Ptolemäus II. vorgelegt worden. Er habe den Geist des Gesetzgebers bewundert und die 72 Gelehrten mit reichen Geschenken nach Jerusalem zurückgesandt. Wegen der „siebzig“ Übersetzer (eigentlich 72) bekam diese Bibelausgabe den Namen „Septuaginta“ = 70. Oft wird diese Übersetzung auch mit den lateinischen Zahlbuchstaben für „70“ abgekürzt = LXX.

 

Der Bericht über die Entstehung der Septuaginta entstammt dem sog. Aristeasbrief. Der jüdische Historiker Flavius Josephus (37/38–100 n.Chr.) und andere schließen sich dieser Schilderung an. Später behaupten die Kirchenväter, diese 72 Gelehrten hätten die gesamte Bibel übersetzt (im Bericht wird aber nur vom „Gesetz“ = fünf Bücher Mose gesprochen). Es ist offensichtlich, dass wir es hier mit einer legendenhaften Darstellung zu tun haben. Dennoch enthält dieser Bericht historische Tatsachen. Er verweist nach Ägypten als Entstehungsort, wo um die Mitte des 3. Jh.s v.Chr. eine große Nachfrage nach einer griechischen Übersetzung der Tora bestand, die die Griechisch sprechenden Juden für ihre Gottesdienste brauchten.

 

Nach und nach wurden dann auch die anderen Bücher der Hebräischen Bibel übertragen, bis um 130 v.Chr. – so steht es im Vorwort zum apokryphen Buch Jesus Sirach – auch die Propheten und die übrigen Bücher des Alten Testaments ins Griechische übersetzt waren. Mit „Septuaginta“ wurde dann das gesamte Werk bezeichnet.

 

Die Septuaginta enthält noch zusätzliche Bücher aus der ­zwischentestamentlichen Zeit (wie z.B. Jesus Sirach, Tobit oder die Makkabäerbücher), die nicht in den Kanon der Hebräischen Bibel aufgenommen worden sind. Was in der griechischen Bibel über den Bestand der Hebräischen Bibel hinaus geht, nennt man im Protestantismus „Apokryphen“ (= „verborgene Bücher“), in der katholischen Kirche spricht man dagegen von „deuterokanonischen“ Büchern (= inspirierte biblische Bücher zweiter Ordnung). Die Septuaginta wurde für fast 300 Jahre zur geliebten Bibel der Griechisch sprechenden Juden. Doch als im 1. Jh. n.Chr. die Christen die Septuaginta für ihre missionarischen Zwecke benutzten und sie damit zur Bibel der Christen wurde, wandten sich die jüdischen Gläubigen radikal von ihrer einst so hoch geschätzten Bibel ab.