Das Neue Testament von Erasmus 1516Novum Instrumentum Basel 1516![]() Das Foto zeigt das Exemplar aus der Bibelsammlung der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart
Novum Instrumentum - Basel 1516Das 1. griechische Neue Testament im Druckvon Erasmus von Rotterdamgedruckt von Johannes Froben in Basel
NOVVM Instrumentum omne, diligenter ab ERASMO ROTERODAMO recognitum et
Diese 1. gedruckte Ausgabe des Neuen Testaments mit dem griechischen "Urtext" gehört zu den wichtigsten und einflussreichsten Bibelausgaben aller Zeiten! Der humanistische Gelehrte Erasmus von Rotterdam (1469-1536) veröffentlichte 1516 seine neue Übersetzung der lateinischen Bibel bei dem Basler Drucker Johann Froben. Zu der damaligen Zeit galt die VULGATA, die lateinische Bibelübersetzung von Hieronymus, als unantastbar. Erasmus ließ daher neben seiner lateinischen Übersetzung den griechischen Text des Neuen Testamentes drucken (so hat jede Seite 2 Spalten - Links: griechisch / Rechts: lateinisch). Jeder Kritiker sollte sich selber überzeugen können, dass eine Neuübersetzung der lateinischen Bibel gerechtfertigt sei. Außerdem fügte Erasmus 400 Seiten mit Anmerkungen zu seiner Übersetzung (lateinisch: Annotationes) bei. Man schätzt, dass über 1200 Exemplare von dieser Ausgabe gedruckt wurden. 2021 erzielte diese Erstausgabe des Erasmus einen Hammerpreis von 60.000 €,
Erasmus schrieb über seine Übersetzung und ihr Verhältnis zur Vulgata: «Diejenigen, die mit der Vulgata zufrieden sind, können ihre Ubersetzung behalten; ich verurteile die Vulgata nicht und ich ändere sie auch nicht. Im Grunde wird die Vulgata durch meine Überarbeitung nicht beeinträchtigt, sondern nur deutlicher, reiner und korrekter. Lasst die Vulgata ruhig an Universitäten und in Schulen gelesen werden, lasst sie in Kirchen gesungen und in Predigten zitiert werden. Niemand verbietet dies. Ich meinerseits wage zu versprechen, dass jeder, der zu Hause, privat, meine Übersetzung liest, seine [Vulgata] besser verstehen wird».
Die Wirkung von Erasmus Textausgabe des Neuen Testaments war unglaublich! Mindestens 110 Auflagen des Testaments erschienen in den Jahren nach 1518. Zwischen 1518 und 1525 wurde zudem das lateinische Testament dreißigmal als Separatdruck aufgelegt. Die im Kleinformat gedruckten Ausgaben waren für die private Lektüre gedacht. Man schätzt, dass zwischen 1516 und 1563 rund 40 000 Exemplare des "Novum Testamentum" gedruckt worden sind.
Der griechische Text des Erasmus wurde die Grundlage für die meisten Bibelübersetzungen im 16.-19. Jahrhundert (Tyndale / King James Bibel). Er wird oft auch als „Textus receptus“ (lateinisch: der überlieferte Text) bezeichnet. Erasmus hatte als Grundlage für seine Ausgabe des Neuen Testaments allerdings nur griechische Handschriften aus dem 12. und 15. Jahrhundert benutzt. Erst im 19. Jahrhundert wurde vor allem durch die Forschungsarbeit Konstantin Tischendorfs der griechische Text des Neuen Testaments stark verbessert, da Tischendorf wesentlich ältere Textzeugen seiner Ausgabe zu Grunde legte, wie den Codex Sinaitcus aus dem 4. Jahrhundert nach Christus.
Dieses bedeutende Faksimile kann man über die Bibelausstellung bestellen.
Das Foto oben zeigt das Originalexemplar aus der Bibelsammlung der Landesbibliothek Stuttgart!
Blättern Sie durch diese berühmte --> Ausgabe des Neuen Testaments Hier finden Sie ein --> koloriertes Exemplar
Die Titelseite in deutscher Übersetzung:
Das ganze Neue Instrument, sorgfältig durchgesehen und von Fehlern bereinigt von Erasmus aus Rotterdam, nicht nur anhand des griechischen Urtextes, sondern auch auf der Grundlage vieler Handschriften beider Sprachen, und zwar alter und zugleich von Fehlern bereinigter, schließlich aufgrund der Zitate, Verbesserungen und Auslegungen der bewährtesten Autoren, vor allem des Origenes, Chrysostomus, Cyrill, Vulgarius*, Hieronymus, Cyprian, Ambrosius, Hilarius und Augustinus, zusammen mit den Anmerkungen, die dem Leser zeigen sollen, was aus welchem Grund geändert wurde. Wer auch immer du (bist und) wahre Gotteserkenntnis liebst, lies, erkenne und urteile dann. Und nimm nicht sofort Anstoß, wenn du auf eine Änderung stößt, sondern wäge ab, ob die Veränderung eine Verbesserung darstellt.
* Einen Kirchenvater namens Vulgarius hat es nie gegeben. Gemeint ist hier Bulgarias. Das ist der Beiname des Theophylakt von Ohrid.
Artikel in der NZZ zu der Arbeit von Erasmus —> HIER dort heißt es: „In seiner Vorrede erklärte der Buchdrucker [Froben] mit zurückhaltendem Stolz, bei der Realisierung des Projekts zugunsten einer besseren Druckqualität auf höhere Gewinnspannen verzichtet zu haben. Zugleich warnte er den «frommen Leser» vor unautorisierten Nachdrucken, die sich die Leistungen seiner Werkstatt zu eigen machen, ohne die gleiche Text- und Druckqualität zu gewährleisten, in die er selbst so viel investiert hatte.“
Über die Arbeit in der Druckerei berichtet ein Zeitgenosse und Mitarbeiter von Erasmus: "es brummte die gewaltige Werkstatt". Das Arbeitspensum war enorm. Während der Arbeit am Lukas-Evangelium war Erasmus krank, er konnte die Arbeit dann eine zeitlang nicht fortführen. Oekolampad, Korrektor und eigentlich Mitherausgeber des Neuen Testaments berichtete begeistert über die Tätigkeit des Erasmus: "Es war für mich ein bewundernswertes Schauspiel, vielmehr ein sehenswertes Wunder, ihm zuzusehen, wie er diktierte und korrigierte, so viel drei Druckpressen aufnehmen konnten, und wie er trotzdem daneben griechische und lateinische Handschriften, und zwar verschiedenster Art und von hohem Alter, einsah, griechische und lateinische Übersetzer verglich, alte und neue, und Schriftsteller der ersten und auch untersten Klasse rezipierte. Deshalb hat er nicht nur den Sinn offengelegt […], sondern hat sich um die kleinsten Wörtchen gekümmert und sogar um die Artikel und die winzigsten Akzente."
"Die historische und wirkungsgeschichliche Bedeutung der Edition des Erasmus aber kann nicht hoch genug eingeschätzt werden: Auf seiner Ausgabe (und deren hermeneutischen Voraussetzungen) ruhte die Übersetzung Luthers und seiner Zeitgenossen, ruhte die Tradition der deutschsprachigen Bibelübersetzung bis in unser Jahrhundert" (Reinitzer)."
Wichtig ist zu verstehen: Erasmus wollte «eine 'emendatio', eine verbesserte Ausgabe der Vulgata. Erasmus' Übersetzung des Neuen Testaments begann als leichte Überarbeitung der Vulgata. In jeder neuen Ausgabe kamen zwar weitere Änderungen hinzu, aber auch das Endergebnis aus dem Jahr 1535 ist immer noch eine überarbeitete Vulgata. In dieser letzten Ausgabe der Erasmus-Übersetzung stehen noch sechzig Prozent der Wörter aus der Vulgata an ihrer ursprünglichen Stelle. So hat Erasmus zum Beispiel die Seligsprechungen in Mt 5,6-8 völlig unverändert gelassen«.
--> zitiert aus: Erasmus' Übersetzung des Neuen Testaments: Ziel und Methode
Katalog UNI Basel - hervorragende Beschreibung |