Wie kam es zur Bibelübersetzung Luther's?Luther war nicht der erste Bibelübersetzer!Einige vorlutherische Bibeldrucke auf Deutsch zwischen 1466 und 1522 aus der Bibelsammlung der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Sie ist die größte Sammlung von Bibeldrucken auf dem europäischen Kontinent.
Foto Alexander Schick mit freundlicher Genehmigung von Herrn Dr. Christian Herrmann
Vor Martin Luther gab es 18 gedruckte Bibelausgaben in deutscher Sprache, die alle auf einer Übersetzung aus der Vulgata (also der lateinischen Bibel) fußten (siehe Video zum ersten vorlutherischen Bibeldruck). So war Luther NICHT der erste Bibelübersetzer! Die Vulgata war damals die einzig anerkannte und erlaubte Bibelübersetzung. Luther übersetzte das Neue Testament 1522 aus dem griechischen Text. Wie kam er dazu, wo doch Latein die herrschende Bibelsprache war?
1453 ist Konstantinopel von den Türken erobert worden. Mit dem Fall von Konstantinopel war das Ende des oströmischen-byzantinischen Reiches besiegelt (Byzanz = Konstantinopel / heute Istanbul). Tausende von griechischen Gelehrten sind darauf in den Westen geflohen und sie hatten ihre griechischen Handschriften dabei! Nun gab es bei uns eine Vielzahl von hochgebildeten griechischen Gelehrten, griechische Handschriften und das Interesse an Griechisch erwachte in dem sonst so «lateinischen» Abendland.
Erasmus von Rotterdam hatte 1516 eine Revision der Vulgata (der lateinischen Bibel) im Neuen Testament vorgenommen. Da dies gefährlich war, denn man durfte den Text der Vulgata nicht einfach so ändern (die Vulgataübersetzung stammt von Hieronymus aus dem 4. Jh. n. Chr.) kam er auf eine lebensrettende Idee. Er wollte zeigen, dass man das Neue Testament in einem viel besseren Latein im Stile von Cicero und Cäsar wortschöner übersetzen könne. Um allen Kritikern vorne weg den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat er den Text des Neuen Testaments daher zweispaltig (griechisch/lateinisch) gedruckt.
--> Siehe dazu den Videoclip zum Exemplar in der Bibelsammlung der Landesbibliothek Stuttgart
Erasmus Ansinnen war es also, eine neue sehr gute lateinische Übersetzung zu schaffen. Der abgedruckte griechische Text (und in dieser Sprache ist das Neue Testament geschrieben) sollte nur seine Übersetzung legitimieren. Aber es passierte genau das Gegenteil!
Luther hatte bei seinem Zwangsaufenthalt auf der Wartburg 1522 die 2. Auflage des Neuen Testaments von Erasmus dabei. Diese Neue Testament hatte für viel Wirbel gesorgt, denn das jemand es wagte den Vulgatatext als mangelhaft anzusehen war ein Unding! Aber es verkaufte sich gut und auch Luther besass nun so eine Ausgabe. Ihn interessierte dabei aber nicht so sehr die lateinische Neuübersetzung von Erasmus sondern der griechische Text, die «Ursprache» des Neuen Testaments.
So übersetzte Luther in nur 11 Wochen das Neue Testament aus dem GRIECHISCHEN in die deutsche Sprache. Ja er hat mit seiner Wortwahl die heutige deutsche Sprache erst gefestigt und geformt. Schon kulturgeschichtlich eine grossartige und wichtige Leistung! Luther feilte immer wieder an seiner Übersetzung und sagte man soll «dem Volk aufs Maul schauen», um eine verständliche Übersetzung für seine Zeitgenossen zu schaffen. Er hat mehrere Mal das Neue Testament überarbeitet immer auf der Suche nach noch verständlicheren Formulierungen. Jeder – auch der einfachste – Mensch sollte Gottes Wort und Botschaft verstehen. Es dauerte bis 1534 bis dann auch das Alte Testament aus dem hebräischen Text (denn auch solche jüdische Bibelausgaben gab es inzwischen durch Drucker in Italien) übersetzt war.
Um dem Ansinnen Luthers gerecht zu werden, hat man seine Übersetzung immer wieder sprachlich überarbeitet (Revision). Die Wortwahl hat sich dabei geändert (statt «Farren» heißt es heute z.B. «Stier») aber die Botschaft der Bibel ist unverändert immer dieselbe geblieben.
Es gab im Gefolge von Luther eine Vielzahl von Neuübersetzungen, da man später erkannte, dass Luther manchmal mehr Wert auf die Verständlichkeit als auf den Urtext legte. So gilt heute als eine der wortgenauesten und besten Bibelübersetzungen die «Elberfelder Bibel» (Brockhausverlag).
Wenn man die Elberfelder Bibel neben eine Lutherbibel legt und vergleicht , stell man fest, dass die Botschaft der Bibel absolut die gleiche ist. Aber die Wortwahl ist eben anders. Beim Text der heutigen revidierten Lutherbibel von 1984 wurden zuddem (ebenso wie bei der revidierten Elberfelder Bibel) auch alle neuen Textfunde (wie die biblischen Schriftrollen vom Toten Meer / Qumranfunde oder neue Papyrifunde zum Neuen Testament berücksichtigt).
Wenn Sie eine wortschöne Bibel lesen wollen, dann nehme man die Lutherbibel in die Hand. Wer eine Bibel lesen möchte, die ganz nah am Urtext übersetzt wurde, dann ist die Elberfelder Bibel die richtige Ausgabe.
Beide Bibelübersetzungen sind „richtig“ übersetzt und geben in der jeweiligen Wortwahl die Botschaft der Bibel wieder. Sie fußen auf den Ursprachen der Bibel. Die heutigen Bibelausgaben haben nur den Vorteil, dass als Textgrundlage noch bessere und ältere Handschriften den heutigen Bearbeitern zur Verfügung stehen als damals Luther.
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