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Fegfeuerbibel

1670

Fegfeuerbibel

 

Foto: Exemplar des Bibelmuseums der Universität Münster

 

 

 

Biblia, Das ist: Die gantze H: Schrifft, Altes und Neues Testaments,

Teutsch, Herrn Doct. Martin Luthers S.

Mit den Summarien Herrn Johann Sauberti S. und beygefügtem vielfältigem, lehrreichemNutzen aller und jeder Capiteln, von Herrn D. Salomon Glassen [et]c. gezeiget, auch mit gantz neuen schönen Figuren, und unterschiedlichen Registern, gezieret; Sambt einer Vorrede, Herrn Johann Michael Dilherrns.

 

Gedruckt in Nürnberg bei Endter 1670

 

 

Die 4. Auflage der Dilherr-Bibel aus Nürnberg von 1670 hat in etlichen Exemplaren einen interessanten "Druckfehler". Im 23. Vers des Judasbriefes auf S. 1194 liest man:

 

       Etliche aber mit Forcht selig machet / und rücket sie aus dem Fegfeuer /
       und hasset den befleckten Rock deß Fleisches

 

Korrekt lautet der Text:

  Etliche aber mit Forcht selig machet / und rücket sie aus dem Feuer/
       und hasset den befleckten Rock deß Fleisches

 

 

Wie kommt das Fegefeuer in die Lutherbibel?

 

Auch Katholiken haben die Lutherbibel geelesen und werden sehr verwundert gewesen sein, dass in dieser Ausgabe im Judasbrief vom Fegefeuer die Rede ist.

   Fegefeuer? Gegen diese unbiblische Lehre hatte Martin Luther mit aller Macht gekämpft. Nach katholischer Lehre würden Verstorbene - je nach Sündenkonto - eine gewisse Zeit im Fegefeuer (Purgatorium) zur Läuterung verbringen. Mit dem Ablass konnte man diese Zeit auch für verstorbene Angehörige verkürzen.

Bekannt ist der Satz: „Sobald der Gulden im Kasten klingt / Im Hui die Seel im Himmel springt“. Berühmt und berüchtigt ist der Dominikanerpater und Ablassprediger Johann Tetzel, der mit dem Ablasshandel viel Geld eingenommen hat. Gegen ihn und den Ablasshandel richten sich die 95 Thesen Luthers.

 

Der bekannte Bibelsammler, der Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze (1717-1786), vermutete, dass durch die „Bosheit“ eines katholischen Setzers das Fegefeuer in diese Lutherbibel kam. Es ist durchaus denkbar, dass nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges ein katholischer Setzer im evangelischen Nürnberg in der Endter-Druckerei gelandet war und aus "Bosheit" das Fegefeuer in die Lutherbibel eingefügt hatte. 

 

Die Fälschung wurde von den Katholiken bewusst gegen die Lutheraner benutzt. Pastor Goeze berichtet, dass die „Papisten“ diese "Fegfeuerbibel" zu hohen Preisen ankauften, um die Lutheraner wieder auf den Weg der Altgläubigen zu bringen.

 

"Die Bibel selbst ist in Nürnberg noch häufig zu haben; allein da man den Betrug bald bemerket, die schon ausgegebenen Exemplare sorgfältig eingezogen, und den Bogen umgedrucket hat; so sind die Exemplare, welche das Fegefeuer noch haben, selbst in Nürnberg rar, und daselbst öfter für 25 Gulden verkauft worden. In unseren Gegenden werden sie also gewis noch weniger zu finden seyn.

 

Daß die Papisten ... [diese Bibel] mit schwerem Gelde aufkaufen, und solche zur Verwirrung der Schwachen misbrauchen, ist sehr wahrscheinlich, wie mir denn selbst Exempel [Fälle] bekant sind, daß man solche, Reisenden, in Kloster-Bibliotheken vorgelegt hat, und wenn sie auf die Frage: ob sie das Fegefeuer glaubten? mit nein! geantwortet, ihnen den Vorwurf gemacht hat, daß sie also nicht glaubten, was doch selbst in Luthers Bibel stünde ..."

 

Johann Melchior Goeze, "Verzeichnis seiner Samlung seltener und merkwürdiger Bibeln in verschiedenen Sprachen". Bd. 2. - Hamburg 1778. - Nr. 612,  S. 98.

 

Ausführlich dazu die Webseite der Bibelsammlung der Württembergischen Landesbibliothek. Von dieser Webseite stammt auch das Zitat von Pastor Goeze .