1684 - Piscator-BibelStaatsbibel in Bern
Piscator-Bibel Folioformat - 1684 gedruckt in Bern
In der Schweizer Republik Bern, am Niederrhein und in anderen reformierten Gebieten war diese Übersetzung lange Zeit im kirchlichen Gebrauch. In Bern war die Piscatorbibel von 1684 (ausgestelltes Exemplar) bis Ende des 18. Jahrhunderts „Staatsbibel“, d.h. die vom Staat herausgegebene und verordnete Übersetzung.
Von 1684 bis 1848 erschienen in Bern mindestens acht Ausgaben der Piscator-Bibel, zwanzig Ausgaben des Neuen Testaments, ein Druck des Alten Testaments und sechs Ausgaben des Psalters.
Wegen Piscators Übersetzung von Markus 8,12 „ich sage euch: Wann diesem Geschlechte ein Zeichen wird gegeben werden, so strafe mich Gott“ nannten die Lutheraner seiner Zeit diese Bibel spottend „Straf-mich-Gott-Bibel“ und bekämpften sie heftig.
Einen ganz ausgezeichneten Aufsatz von Dr. Urs Leu (Leiter der Abteilung Alte Drucke und Rara der Zentralbibliothek Zürich und Dozent für Buchgeschichte in Basel) zur Geschichter der Psicator-Bibel in Bern kann man -->hier als PDF<-- herunterladen.
Dr. Leu zitiert dort die „Conspectus historiae ecclesiasticae bernensis“. Beim Jahr 1660 findet sich folgender Eintrag, der erklärt, wieso in Bern weder die Luther-Bibel noch die Zürcher-Bibel, sondern die Picator-Bibel zur Staatsbibel erklärt wurde:
„Der hochansehnliche Magistrat von Zürich hatte darauf gedrungen, dass eine neue Bibelübersetzung in die zürcherische und bernische Kirche eingeführt werde, wie auch das Glaubensbekenntnis einst gemeinschaftlich herausgegeben worden war. Damit aber nun die andern reformirten Kantone nicht glauben möchten, dass durch dieses Werk gegen andere Bibelübersetzungen irgend ein Vorurtheil geschaffen werde, hielt die bernische Kirche dafür, es solle dieses Vornehmen reiflicher überlegt werden. Damit es nun nicht inzwischen den Unterthanen an Bibelexemplaren fehle, liess der hohe bernische Magistrat im Jahre 1684 auf seine Kosten jene hervorragende Uebersetzung des Bibelwerks von Piscator unter Aufsicht und Anleitung der ehrwürdigen Herren Pfarrer Blauner und Professor Rudolf abdrucken.“
Von der Piscator-Bibel 1684 wurden 6000 Stück hergestellt. 5000 in Folio (wie das ausgestellte Exemplar) und 1000 in Quart. 100 Foliobibeln sowie die 1000 Exemplare in Quarto wurden auf halbweisses Papier gedruckt, 60 Foliobibeln auf reinweissen und die übrigen auf grauen Papier.
Eine so hohe Auflage von 6000 Stück war überaus selten! Die Froschauer-Bibel von 1531 soll eine Auflage von 3000 Exemplaren gedruckt worden sein.
Die 160 Foliobibel auf dem besseren Papier waren für die Berner Rats- und Behördenmitglieder gedacht.
Sogar über den Preis der ausgestellten Bibel sind wir unterrichtet:
Titelblatt in rot/schwarz, halbweisses Papier:
Die preiswertere Ausgabe auf grauen Papier kostete: Titelblatt in schwarz, gewöhnliches Papier:
Ein Taglöhner in einer Buchdruckerei verdiente am Tag 6 Batzen. Fast ein Wochenlohn für so eine Foliobibel! |