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1588 - Die Neustadter Bibel mit den refomierten Kommentaren von David Pareus

Mit des „Teufels Kot beschmeißte Bibel“ ...

Original der Neustadter Bibel von 1588 aus der Sammlung der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart.

 

 

Neustadt 1588 - Die "Skandalbibel"

Bibel des Pfalzgrafen Johann Casimir
Neustadt an der Haardt, ab 1587/88
Summarium von David Pareus (reformiert)

 

 

Diese Neustadter Bibel hat zu einer regelrechten Schlammschlacht geführt. Lutheraner beschimpften diese Bibel als „Erzbubenstück“ und „calvinistische verdammte Ketzerei.“ Es würden Irrtümer verbreitet und Luthers heilsame Lehre „ausgekratzt“ werden. So wurde diese reformierte Bibelausgabe als eine mit des „Teufels Kot beschmeißte Bibel“ bezeichnet, vor der nur gewarnt werden könne! Was versetzte die Lutheraner in eine solche Aufregung?

 

Diese Lutherbibel wurde OHNE die Kommentare Luthers gedruckt aber mit reformierter Kommentierung. Diese stammen von dem reformierten Theologen David Paräus (1548-1622), der mit der Neustadter Bibel von 1587/88 eine handliche Ausgabe im Quartformat schuf. In der Einleitung ist zu lesen, dass Paräus von der Neustadter Bibel von 1579 den Luthertext und die Verszählung übernommen hatte.

 

Die Vorrede fasste die Bedeutung der Heiligen Schrift für Laien zusammen. Damit Leser den Bibeltext besser verstehen können, wurden kurze Lehraussagen reformierter Prägung vorangestellt. Biblische Bücher wurden durch Vorreden eingeführt, die auch kirchliche Traditionen aufnahmen. Im Unterschied zu Luther wertete Paräus alle biblischen Bücher als gleichranging, so auch die von Luther kritisierten Schriften wie den Jakobus-, den Hebräer-, den Judasbrief und die Apokalypse (Offenbarung). Luther hat diese in seiner Bibel im Inhaltsverzeichnis - durch eine Lücke getrennt - separat abgesetzt. Bei Luther waren diese Bücher auch nicht nummeriert. Anders bei Paräus, der Luthers Bibelkritik an dieser Stelle nicht teilte.

 

Inhaltlich entwickelte sich durch die Kommentare des David Paräus die Neustadter Bibel von 1587/88 zu einem Lehr- und Verkündigungsbuch reformierter Prägung weiter. In den Kommentaren wendet sich Paräus gegen die Papisten (Katholiken), Sektierer (Täufer) und Lutheraner. Es wird ein Leben angemahnt, dem man die Erwählung Gottes und die Orientierung an der Heiligen Schrift anmerken soll.

 

 

Textbeispiel:
Ein Lehrpsalm: was ein Gottseliger Mensch meiden / und wessen er sich
befleissen solle / Dagegen was der Gottlosen Standt und Außgang sey.


Lehr: Bringt der Psalm selbst mit sich: von der waren Gottseligkeit, was ihre Eigenschafften, Kennzeichen und Belohnung sey: Auch was für unterschied zwischen Gottseligen und Gottlosen in diesem Leben sey, und ewig seyn werde.
 

 

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1590/91 wurde eine zweite Auflage der Bibel von 1587/88 gedruckt, ebenfalls im Quartformat. Darüber hinaus enthielt dieser Nachdruck das reformierte Gesangbuch mit Noten – die Psalmengesänge des Ambrosius Lobwasser. Für den Unterricht wurde der Heidelberger Katechismus angehängt.

 

Für orthodoxe Lutheraner war dies alles ein Skandal, denn zu einer „wahren“ Lutherbibel gehörten ALLE Vorreden und Kommentare, wie sie 1545 in der Ausgabe letzter Hand abgedruckt waren.