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Complutensische Polyglotte - 1517

Foto oben: e-bay / Foto unten: Original aus der Bibelsammlung der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart

 

Complutensische Polyglotte

1502-1517 

Aus Wikipedia

 

Complutensischen Polyglotte ist der Name der ersten mehrsprachigen Ausgabe der kompletten Bibel, die in den Jahren 1502 bis 1517 in Alcalá de Henares in Kastilien erarbeitet und gedruckt wurde. Die sechs Bände im Folioformat enthalten Bibeltexte in lateinischer, griechischer, hebräischer und aramäischer Sprache und Schrift. Complutum ist die lateinische Form des Namens der Stadt Alcalá de Henares.

 

Das Alten Testament besteht aus vier Bänden. Hier ist neben dem hebräischen Bibeltext, die vollständige griechische Übersetzung (sog. Septuaginta) sowie die Vulgata (lateinische Bibelübersetzung) und das Targum Onkelos (aramäische Übersetzung des hebräischen Bibeltextes) abgedruckt. Der griechische und aramäische Text sind zudem von einer Wort für Wort-Übersetzung in Latein umgeben. 

 

Das Neue Testament (5. Band) enthält in zwei Spalten den Text auf Griechisch und Latein (Vulgata).

 

Der sechste Band enthält u.a. Wörterbücher in Hebräisch und Aramäisch und ein lateinisch-hebräisches Wortverzeichnis.

 

Die aus sechs Bänden bestehende Bibelausgabe gilt als Meisterwerk der Druckkunst. Von den ca. 600 gedruckten Ausgaben sind nur noch 123 (z.T. fragmentarisch) erhalten.

 

Um der Veröffentlichung dieser Bibel in den Ursprachen vorzukommen, hatte Erasmus von Rotterdam unter grössten Zeitdruck 1516 sein berühmtes griechisch-lateinisches Neue Testament herausgebracht. Die 2. Auflage von 1519 hatte Luther auf der Wartburg zur Übersetzung des Neuen Testamentes benutzt. Dieser Text wurde als Textus receptus bekannt und zur Grundlage auch der King James Bible.

 

1517 war die Ausgabe zwar gedruckt aber der unterstützende Kardinal und Erzbischof von Toledo Franziskus Jiménez de Cisnero (geb. 1436) verstarb im November 1517. Die Auflage blieb ungebunden in der Druckerei liegen. Erst durch das Eingreifen von Papst Leo X. konnte die Polglotte erscheinen. 1522 konnte die Polyglotte die Druckerei verlassen. Die meisten sollten auf dem Schiffsweg zum Papst gebracht werden doch das Schiff ging unter und damit die kostbare Bibelfracht, 2/3 der Auflage. 

 

So sind leider nur noch 123 Exemplare erhalten, die meisten unvollständig. Besonders deutlich wurde dies bei der Herausgabe des Faksimile 1984–1987 in Valencia. Die ersten fünf Bänder gehen zurück auf das Exemplar der Jesuitenbibliothek in Rom, der sechste Band auf ein Exemplar der Universitätsbibliothek Madrid.

 

Rund 50 Jahre später wurde ein Nachdruck dieser besonderen Bibel geplant durch Plantin in Antwerpen, es ist die sog. Königliche Polglotte.

 

Der Druck der Polyglotte soll 50.000 Dukaten gekostet haben (Bruce Gordon, The Bible - A global history, 2024; S. 150). Das wären umgerechnet auf heute das Budget der NASA in den 1960'ern von rund 30 Milliarden US$. Ein vollständiges Exemplare der Polyglotte kostete 6,5 Dukaten (umgerechnet etwa 3000 Euro).

 

Nur 7% der Kosten sollen durch den Verkauf hereingekommen sein. 

 

600 Papierexemplare wurden gedruckt sowie 6 Pergamentexemplare.

 

Der Bibeldruck erschien in einer Zeit als die Inquistion in Spanien auf ihrem Höhepunkt war. Um die Stellung der Vulgata zu betonen schrieb Kardinal Cisnero: „Wir haben die lateinische Übersetzung des seligen Hieronymus zwischen jene der Synagoge [den hebräischen Text] und jene der östlichen Kirche [den griechischen Text] gesetzt, genauso wie die Diebe zu beiden Seiten Jesu gehängt wurden, der die römische oder lateinische Kirche darstellt.“

 

Einen regelrechten Auktionskrimi konnten Internetuser am Neujahrstag 2010 bei e-bay bei einer Bieterschlacht um einen Band dieser seltene Bibel aus dem Jahr 1517 erleben.

 

Das versteigerte Exemplar besteht nur aus dem 4. Band. In den Jahrhunderten hat es Feuer und Wasserschäden überlebt und befindet sich einem extrem schlechten Zustand. Auf der Auktion war dieser eine Band mit 490 US DOLLAR als Startpreis angegeben. Kurz vor Schluss der Auktion schnellte der Preis auf sagenhafte 11.100.- US DOLLAR (8.500 €).

 

Aus IDEA:

"Diese seltene Bibelausgabe wäre ein grosse Bereicherung für die Bibelsammlung gewesen, aber bei solchen exorbitanten Preisen muss man als privater Bibelaussteller einfach passen“, so A. Schickk. Zu seiner Sammlung gehören seltene Bibeldrucke aus der Zeit der Vorreformation und aus der Zeit Luthers

 

Im Oktober 2022 wurde nur der 5. Band mit dem Neuen Testament in Paris versteigert. Der Schätzpreis lag bei 10.000-12.000 €. Der Zuschlag erfolgte bei 29.000 € (Hammerpreis).

 

Das Antiquariat Richard C. Cramer in New York bietet seit März 2025 alle 6 Bände (gebunden in sieben) für 280.000 US$ an (PDF mit vielen Abbildungen).

 

 

Titel:

Vetus testamentum multiplici lingua nunc primo impressum. Et imprimis Pentateuchus Hebraico Greco atque Chaldaico idiomate. Adiuncta unicuique sua latina interpretatione (Secunda pars veteris testamenti; Tertia pars veteris testamenti; Quarta pars veteris testamenti; Novum testamentum grece & latine; Vocabularium hebraicum atque chaldaicum).


Adams, B-968 – Darlow & Moule, n°1412 – Delaveau & Hillard, n°1 – PMM, n°52 – Brunet, I, 849 – R. Proctor, « The Printing of Greek in the Fifteenth Century », Oxford, 1900 (cit. p. 144) – J. Irigoin, « La contribution de l’Espagne au développement de la typographie grecque », Minerva, vol. 10, 1996, pp. 59-75 (cit. p. 74).

 

 

“Auf der Suche nach dem besten Text“ - Geschichte der Polyglotten —> HIER <—

 

JWO

 

Auktion Sotheby

 

Die Exemplare der Universität Complutense sind im spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) verbrannt. Mikrofilmaufnahmen dieser Bände wurden in einem Tresor des Hill Museum & Manuscript Library (HMML) in Minnesota entdeckt.

 

Facsimile